Gegen das Vergessen: 80 Jahre Reichspogromnacht

So lautet das Motto, unter dem die SPD-Herdecke ins ONIKON eingeladen hatte.
Die Nacht vom 9. auf den 10. November stellte einen vorläufigen Höhepunkt des Terrors gegen die jüdische Bevölkerung im Deutschen Reich dar.
Was nach den Plänen des NS-Regimes wie ein spontaner Volkszorn aussehen sollte, war in Wirklichkeit ein staatlich initiierter Pogrom, der den Auftakt zur physischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland einleitete.
Auch die Herdecker Familien jüdischen Glaubens mussten in der Reichspogromnacht 1938 miterleben, wie Nazis ihr Eigentum demolierten. Einen Tag später wurden sogar Schulkinder vom damaligen Rektor der Horst-Wessel-Schule zur Weiterführung der Zerstörung aufgefordert. Im Mai 1939 war Herdecke dann – in der Nazisprache „judenfrei“.

Der aus Anlass der Reichspogromnacht im Onikon gezeigte Film „Die Unsichtbaren -wir wollen leben“ von Claus Räfle spielt im Berlin des Jahres 1943 und schildert halbdokumentarisch das Untertauchen von 4 jungen jüdischen Bürgern im offiziell für judenfrei erklärten Berlin:
Da ist Cioma, der sich mit dem Fälschen von Pässen über Wasser hält. Hanny hofft, mit blondgefärbtem Haar in der Masse unterzugehen. Eugen taucht aber tagsüber bei einer Familie unter.  Und Ruth tarnt sich als trauernde Kriegswitwe und kommt bei einem NS-Offizier als Hausmädchen unter.

Tatsächlich gelang es etwa mehreren tausend Juden in Berlin, sich vor dem Zugriff der Nazis zu verbergen.
Dies zeigt auch, dass es bei allem staatlich geleiteten Terror, bei Überwachung und Bespitzelung, eine Vielzahl von Helfern gab, die ein hohes Risiko eingingen und sich nicht von den Nazis einschüchtern ließen.

Es ist wichtig ist, gerade an das Jahr 1938 zu erinnern. 1938 war auch das Jahr etlicher Gesetze und Verordnungen, die das Ziel hatten, jüdischen Mitbürgern ihre Existenzgrundlage zu entziehen. Berufsverbote traten in Kraft, Juden wurden aus Schulen und Hochschulen ausgeschlossen, Des Weiteren begann auch die systematische Erfassung jüdischen Vermögens, dies war die Vorstufe zur vollständigen Enteignung der Juden.

Während sich 1938 für die jüdischen Bürger im Reichsinnern die Schlinge immer mehr zuzog, begannen sich gleichzeitig auch die Türen der Emigration zu schließen.

Zugleich müssen wir den Blick auf Gegenwart und Zukunft schärfen. Die Zahl antisemitischer Straftaten ist in den letzten Jahren drastisch gestiegen ist.
Anlässlich des Gedenkens an den Pogroms von 1938 und der unvorstellbaren Gräueltaten der Folgejahre muss zur Kenntnis genommen werden, dass jüdische Mitbürger in Deutschland im Jahre 2018 in zunehmendem Maße Anfeindungen, Beleidigungen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt sind!

Hanny Levy, heute 94 Jahre alt, war eine der Unsichtbaren aus Räfles Film. Sie war bei Markus Lanz zu Gast. Einige Tage nach der Talkshow erfuhr sie von der Polizei, dass ein Mann sie bei Facebook mit folgenden Worten beschimpft hatte: „Die Judensau sollte besser am Baum hängen“. Der Mann musste eine Geldstrafe von 300 Euro bezahlen. (Nachzulesen in der SZ vom3./4. Nov.)

Deswegen ist es wichtig, heute genau hinzuschauen und die Werte unserer demokratischen Gesellschaft mit Mut und Zivilcourage zu verteidigen.