„Gegen das Vergessen“

Katharina Baarmann-Müller und Rudolf Damm

Ein Bericht von Katharina Baarmann-Müller

Der Einladung der Sozialdemokraten des Stadtverbandes Herdecke waren viele Bürgerinnen und Bürger am Montagabend, dem 27. Januar 2020, gefolgt. Der Kinosaal des Onikon war fast bis auf den letzten Platz gefüllt mit Menschen, die gemeinsam in der gut 90minütigen Veranstaltung der Befreiung von Auschwitz vor 75 Jahren gedachten.

Das Motto „Gegen das Vergessen“ zog sich gedanklich durch die gesamte Veranstaltung. Gustav Müller erinnerte in seinem einleitenden Vortrag an den Holocaust als beispiellosen Völkermord, umfassend und systematisch, verübt von Nazi-Deutschland und seinen Kollaborateuren. Er spannte den Bogen zwischen Gestern und Heute, verwies auf die Tatsache, dass sich Antisemitismus wieder ausbreitet und wir allen Grund haben wachsam zu sein. „Nie wieder!“, sagt er am Ende seiner Ausführungen mit erhobener Stimme und bezog sich dabei auf die bedeutsame Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der als erstes deutsches Staatsoberhaupt in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem sprechen durfte. Es sei nicht dieselbe Zeit, es seien nicht dieselben Worte, nicht dieselben Täter, sagte Steinmeier. „Aber es ist dasselbe Böse. Und es bleibt die eine Antwort: Nie wieder! Niemals wieder! Deshalb darf es keinen Schlussstrich unter das Erinnern geben.“

Die eindringlichen Worte von Gustav Müller wurden durch Bilder aus Yad Vashem und der Ausstellung „Survivors“, die zurzeit in der Zeche Zollverein in Essen gezeigt wird, eindrücklich veranschaulicht.

Das Publikum hielt fast den Atem an, so still war in dem Saal, als im Anschluss aus dem Buch des Holocaust Überlebenden Hans Frankenthal gelesen wurde. In seinem Buch „Verweigerte Rückkehr – Erfahrungen nach dem Judenmord“ erzählt er von den menschenverachtenden Gräueltaten, die er im Arbeits- und Vernichtungslager erleben musste, wie er es schaffte zu überleben und versuchte, sich in seiner Heimatstadt Schmallenberg im Sauerland ein neues Leben aufzubauen. Beeindruckend gelang es den beiden Lesenden Rudolf Damm (Deutsch-jüdische Gesellschaft Hagen) und Katharina Baarmann-Müller, das Publikum zu erreichen und zu fesseln mit einem Menschenschicksal aus der deutschen Geschichte, deren Wahrheit im Nachkriegsdeutschland der 50er und 60er Jahre oftmals geleugnet wurde.

Die anschließende Filmdokumentation mit dem Titel „Die Vergessenen“ (Deutschland 1956) schilderte das Schicksal von Holocaust-Überlebenden im Paris der 50er Jahre. Der 30minütige Schwarz-Weiß-Film zeigte das Elend der nach Paris emigrierten Juden am Beispiel einiger Einzelschicksale, denen es auch nach Kriegsende nicht gelingen konnte, sich wieder ein menschenwürdiges Leben aufzubauen. Dass es für diese Menschen keine Wiedergutmachung vonseiten Deutschlands gab, veranlasste den SWR zu einer Spendenaktion aufzurufen, an deren Ende die Summe in Höhe von mehr als einer Million DM stand.

Im dritten und letzten Teil der Veranstaltung stellte der Herdecker Historiker Willi Creutzenberg sein neuestes Buch „Schutzjuden – Bürger – Verfolgte – Vergessene“ vor. Er berichtete auszugsweise über die Geschichte der jüdischen Minderheit in Herdecke seit dem 17. Jahrhundert und veranschaulichte seine Ausführungen mit authentischem Bildmaterial.

Von Schmallenberg über Paris nach Herdecke, – so zog sich der rote Faden über die Landkarte der Erinnerung. Den Gästen im Onikon wurde ein wertvoller Abend geboten, der anregte zu weiteren Gesprächen im Anschluss. Die Sozialdemokraten der Stadt Herdecke konnten mit der Organisation und Gestaltung des Abends zufrieden sein, das Publikum zeigte Dank und Anerkennung