Musikalische Lesung im ONIKON am 27. Januar 2023

SPD setzt Themenreihe „Gegen das Vergessen“ fort

Im Rahmen ihrer Themenreihe „Gegen das Vergessen“ lud die SPD-Herdecke auch in diesem Jahr zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ ein. Circa 50 Bürgerinnen und Bürger aus Herdecke und Umgebung kamen am Freitagabend, dem 27. Januar, im ONIKON zusammen, um der musikalischen Lesung mit Rudolf Damm, Sven Söhnchen und Björn Nonnweiler zu folgen. Den Vorankündigungen entsprechend, waren die Erwartungen der Zuhörerinnen und Zuhörer an diesem Abend hoch. Dafür hatten sie den Weg durch die Dunkelheit an einem nasskalten Januarabend auf sich genommen. Sie wurden belohnt mit einem fast zweistündigen Programm, das in jeder Hinsicht gelungen war.

Stille herrschte im Raum. Anspannung und Ergriffenheit waren gleichermaßen spürbar im anhaltenden Schweigen und dem konzentrierten Zuhören des Publikums. Dafür sorgten die drei Herren, die da vorne saßen als Vertreter dreier Generationen und, – aus dem Bewusstsein für gesellschaftliche Verantwortung und persönlicher Betroffenheit-, einen nachdenklichen Abend gestalteten auf der Grundlage des Werkes „Weil der Vater das Sagen hatte als Herr über Leben und Tod“, einer Veröffentlichung der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Es geht um die Auseinandersetzung des Journalisten und Autors Hans Peter Renfranz (1941-1990) mit seinem Vater, der verantwortlich war für die Ermordung von mindestens 499 Menschen auf der Grundlage der 1940 geltenden menschenverachtenden Euthanasiegesetzgebung, der seine verbrecherische Rolle als Selektierer zeitlebens geleugnet hat, der als Mediziner „das Sagen hatte als Herr über Leben und Tod“, der sogar noch zugewandt, sanft und freundlich war zu seinen Patienten, die er später ins Gas schickte und der nach Kriegsende und kurzer russischer Gefangenschaft ein friedliches, gutbürgerliches Leben in Norddeutschland führte, als geschätzter Allgemeinmediziner und zufriedener Familienmensch.

Der Sohn, Hans Peter Renfranz, hat die späte Erkenntnis, dass sein Vater ein Mörder war, nicht verwunden. Die Hoffnung, die er mit vielen aus seiner Generation teilte, dass die Väter und Mütter auf der Seite des Widerstandes standen, im besten Falle aktiv oder wenigstens ein bisschen, war zerschlagen. Hans Peter Renfranz starb früh, im Alter von 49 Jahren.

Die vorgelesenen Textsequenzen wurden musikalisch begleitet von dem Liedsänger und Gitarristen Björn Nonnweiler. Er spielte zwei Lieder von Hannes Wader: „Es ist an der Zeit“ und „Die Moorsoldaten“, zwei Musikstücke, die zu Hymnen der Friedensbewegung wurden und heute den Ruf nach Frieden wieder so mahnend und dringlich ins Bewusstsein rufen.

„Bridge over troubled water“ von Simon and Garfunkel war das letzte Lied, das der Musiker so überzeugend rüberbrachte. Brücken bauen zwischen Gestern und Heute, zwischen Heute und Morgen, zwischen jeglicher Art der Polarisierung in unserer heutigen Gesellschaft, – das war die Botschaft gegen Ende der Veranstaltung.

Einleitende und abschließende Worte fanden die beiden Vorsitzenden der SPD-Herdecke, Ulrich Schwellenberg und Gustav Müller, die beide erkennen ließen, dass verantwortliches Handeln und die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft nur gelingen kann auf der Grundlage der Erinnerung an die Vergangenheit.

Text:
Katharina Baarmann-Müller